Architektur

WinCC OA ist ein sehr modular aufgebautes System. Die benötigten Funktionalitäten werden von spezifischen, für unterschiedliche Aufgaben geschaffenen, funktionalen Einheitenwahrgenommen. In WinCC OA II heißen diese Einheiten "Manager" - sie sind auch softwaretechnisch eigene Prozesse.

Abbildung 1. Ein WinCC OA System besteht aus funktionsspezifischen Einheiten, den Managern

Im Folgenden werden die wichtigsten Manager aus der Abbildung kurz in ihrer Rolle erläutert. Es handelt sich hierbei lediglich um eine einfache Konfiguration, welche in der Praxis auch deutlich umfassender sein kann. Tatsächlich gibt es, neben den oben erwähnten Managern auch noch eine Reihe, hier nicht weiter behandelter.

Prozessanschluss

Die unterste Ebene in einem WinCC OA System bilden die Prozessanschlüsse , in WinCC OA, Treiber ( D ) genannt. Dabei handelt es sich um spezielle Programme, welche die Kommunikation mit der Steuerungs- und Feldebene erledigen. Da zahlreiche recht unterschiedliche Kommunikationsformen zu SPSen oder Fernwirkknoten möglich sind, gibt es mehrere verschiedene Treiber zur Auswahl. Die eingesetzte SPS bzw. der zugehörige Kommunikationsbus bestimmt also, welcher Treiber von WinCC OA zu verwenden ist. Stark vereinfacht dargestellt, ist der Treiber eine Umsetzungseinheit eines bestimmten Protokolls in die interne Kommunikationsform von WinCC OA. Der Treiber liest aktuelle Zustände, Mess- oder Zählwerte aus dem Feld und leitet umgekehrt Befehle und Sollwerte in die unterlagerten Steuerungen (= Der Begriff "Steuerung" soll hier und im Folgenden stellvertretend für alle möglichen Geräte der Basisautomatisierung (SPS, DDC, Fernwirksystem, …) verwendet werden) .

Prozessabbild, Historie

Das zentrale Verarbeitungszentrum in WinCC OA heißt Event Manager (EV) . Diese Einheit hält ein stets aktuelles Abbild aller Prozessvariablen im Speicher. Jede andere Funktionseinheit ( Manager ), die auf Daten zugreifen möchte, erhält diese aus dem Prozessabbild des Event Managers und muss nicht direkt mit einer Steuerung kommunizieren. Umgekehrt wird ein Befehl von einem Bedienplatz zunächst nur als Wertänderung im Prozessabbild des Event Managers gesetzt. Die Weiterleitung an das entsprechende Zielgerät (z.B. SPS) erledigt dann der zuständige Treiber automatisch.

Der Event Manager ist eine Art zentraler Datenverteiler, quasi das Kommunikationszentrum für WinCC OA II. Darüber hinaus führt dieser Manager auch die Alarmbehandlung durch und ist überdies in der Lage, autonom verschiedene Rechenfunktionen auszuführen.

Dem Event Manager zur Seite steht der so genannte Data Manager . Er stellt das Bindeglied zur Datenbank dar. Zum einen sind es die Parametrierdaten einer Applikation, die in solch einer Datenbank gespeichert werden. Zum anderen handelt es sich um die historische Aufzeichnung von Wertänderungen oder Alarmen. Wenn ein Benutzer historische Daten später abfragen möchte, so erledigt auch diese Anfrage der Data Manager und nicht die Datenbank selbst.

Das Konzept zur Archivierung von Prozessdaten behandelt das Speichern und Auslesen von Informationen, die im laufenden Betrieb einer Prozesssteuerung bzw. -visualisierung anfallen. Dabei handelt es sich um Werte und Meldungen, die durch Änderungen der Werte generiert werden. Die Prozessdaten werden in Werte-Archiven (VA = Value Archive) gespeichert. Jedes Archiv wird durch einen eigenen Archivprozess verwaltet und besteht aus einer Reihe chronologisch geordneter Archivdateien.

Verarbeitung, Steuerung

WinCC OA besitzt zahlreiche Möglichkeiten eigene Algorithmen und Verarbeitungen zu implementieren. Die beiden wichtigsten sind die interne Sprache Control ( CTRL ) und die allgemeine Programmierschnittstelle API ( Application Programming Interface ).

Control ist eine sehr leistungsfähige Scripting-Sprache. Die Verarbeitung erfolgt interpretativ, so dass keine Kompilation (= Übersetzungsvorgang, bei dem eine Programmvorschrift vom Quellcode in den, vom Prozessor verarbeitbaren Maschinencode übersetzt wird) erforderlich ist. Die Syntax entspricht weitestgehend ANSI-C (= "C"…international genormte und ungemein weit verbreitete, höhere Programmiersprache) mit einigen erleichternden Modifikationen. Es handelt sich um eine ausgereifte, prozedurale Hochsprache mit Multithreading (= Quasi-parallele Bearbeitung einzelner Programme; die Verarbeitungskontrolle erledigt das System selbst) . Die Sprache bietet eine umfassende Funktionsbibliothek für Aufgaben der Leit- und Visualisierungstechnik. Control kann als eigenständiger Prozess ( CONTROL Manager ), zur Animation und Oberflächengestaltung ( UI Manager ) oder für standardisierte, datenobjektbezogene Verarbeitungen ( Event Manager ) verwendet werden.

Das API ( WinCC OA API ) stellt die mächtigste Form von Funktionserweiterungen dar. Es ist als C++ Klassenbibliothek ausgeführt und erlaubt dem Softwareentwickler, individuelle Funktionen als eigenständigen zusätzlichen Manager zu realisieren (Prognosesystem, Simulation, Planungswerkzeuge, proprietäre Datenbanken, …).

Darstellen, Bedienen

Die Schnittstelle zum Benutzer bilden die so genannten User Interface Manager ( UI ). Dabei handelt es sich um einen grafischen Editor ( GEDI ) , einen Datenbankeditor ( PARA ) oder die allgemeine Bedienoberfläche der Applikation ( Modul Vision ) . Im User Interface werden Werte angezeigt , Befehle gegeben oder Alarme in der Alarmliste verfolgt . Auch Trends und Reporte sind üblicherweise Bestandteil des UI . In WinCC OA ist die Benutzerinteraktion programmtechnisch von der Hintergrundverarbeitung völlig getrennt - es handelt sich lediglich um eine Sicht auf die Daten des aktuellen Prozessabbildes oder der Historie.